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Karma-Diagnostik

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Vorwort

Ich hatte geplant, einige Jahre nach dem Erscheinen des vierten Bandes einen fünften zu veröffentlichen. Doch die In­formationen, die ich nach dem Erscheinen des dritten und vierten Bandes erhielt, waren so wichtig, dass ich beschloss, in die Neuauflage des vierten Bandes ein, zwei neue Kapitel einzufügen. Es gelang mir jedoch nicht, die erhaltenen Infor­mationen in einem bzw. zwei Kapiteln zu erfassen. Deshalb wollte ich einen fünften Band gesondert dazu schreiben, der im Frühjahr 1996 erscheinen und Antworten auf die mir zu­geschickten Fragen enthalten sollte. Aber die Situation begann sich derart schnell zu ändern, dass ich beschloss, die Bezeich­nung “Karma-Diagnostik” beizubehalten und Informationen über meine le-tzten Forschungen zu geben.

Ich möchte die Leser nochmals darauf hinweisen: Ich lehre nichts und fordere zu nichts auf. Ich lege hier meine Ver­suche, die Umwelt zu verstehen, und meine Erfahrungen dar, die ich gemacht habe, als ich Kranken half. Auch wenn das, was ich gestern beschrieben habe, vom heutigen Erkenntnis­stand abweichen sollte, nehme ich keine Änderungen vor, sondern lasse alles so wie bisher. Ich weiß nicht, wie diese ei­genartige Reportage enden wird, doch das Gefühl, dass meine Forschungen wichtig sind, beflügelt mich. Viele Leser haben bereits erkannt, dass erschienene Plagiate nichts mit mir zu tun haben. Sollte ich ein sechstes Buch schreiben, dann erfolgt dies, denke ich, erst in drei, vier Jahren.

Bevor mit der Lektüre des Buches begonnen wird, sollten alle bestehenden Vorwürfe gegenüber Gott, den Eltern, der Um­welt, sich selbst und dem Schicksal beseitigt werden. Auch wenn der Leser den Eindruck haben könnte, dass das Buch aus einzelnen Splittern besteht, so ist es doch ein Ganzes.

Einleitung

Je vollkommener ein System ist, umso stärker sind seine Tendenzen, sich von der Welt zu isolieren und sich nur auf sich selbst zu konzentrieren. Das heißt, die gegenwärtige Voll­kommenheit muss die eigene Negation in sich tragen ­das ist die Gewähr zum Überleben.

In letzter Zeit habe ich festgestellt, dass ich versuche, alle Probleme nur durch geistige Reinigung zu lösen. Theoretisch ist das ja vollkommen in Ordnung, doch nicht immer reicht die Zeit aus, um sich rechtzeitig geistig zu reinigen. Hier kommt es auf richtiges Handeln an.

Ein Patient erzählte mir einmal eine Geschichte. Bei einer Frau traten kleine Mundgeschwüre auf, wogegen keine Me­dikamente halfen. Sie suchte die besten Ärzte in Moskau auf, doch alles war ohne Erfolg. Sie wandte sich an namhafte Ko­ryphäen im Ausland, wurde aber nicht gesund. Auch Wunder­heiler versuchten ihr zu helfen. Zwar trat eine gewisse Besserung ein, doch dann begann alles von vorn. Alle Heilungsversuche waren ergebnislos. Nach gewisser Zeit sprach sie zufällig mit jemandem über ihre Probleme, und ihr Gesprächspartner sagte ihr:

“Du hast Metallkronen im Mund, sie oxydieren und rufen die kleinen Geschwüre hervor.” Mit dem Auswechseln der Kronen verschwand das Problem.

Ich war einmal mit einer ähnlichen Situation konfrontiert.

Der Leiter einer kleinen Firma bat mich um Hilfe.

“Ich habe Ihr Buch gelesen”, erzählte er. “Auf Geld bin ich nicht orientiert. Ich zahle meinen Mitarbeitern mehr, als sie eigentlich verdienen, und auch für die Gesundheit geize ich nicht mit Geld. Doch in letzter Zeit verspüre ich ein ge­wisses Unwohlsein.”

“Ihre Intuition ist richtig”, antwortete ich ihm. “Die ein­zige Orientierung, die ich sehe, ist das Glück der Familie, d.h. Sie akzeptieren schicksalsbedingte Unannehmlichkeiten nur widerwillig. Dieses Programm wird an Ihre Untergebenen weitergegeben.”

Ich betrachtete das Feld der Mitarbeiter der Firma und sah bei ihnen eine ähnliche Störung. Es handelte sich um einen einfachen Fall, ich hatte ihn schon vergessen, als ich mich nach einiger Zeit erneut mit dem Firmenleiter traf.

“Wissen Sie”, erzählte er mir, “bei meinen Mitarbeitern ist es zu großen Unannehmlichkeiten gekommen. Ich wollte wissen, was die Ursache war. Doch dann kam ihnen gegen­über eine gewissen Aggression auf.”

Ich betrachtete zuerst das Feld der Menschen seines Um­felds und sah starke Aggression. Ihr lagen eine Orientierung auf ein glückliches Schicksal und Menschenverachtung zu­grunde. Auf Feldebene war zu erkennen, wie ihre Seelen er­bitterten. Das hing vor allem mit ihrem Leiter zusammen. Das heißt, seine Aggression hatte aufgrund eines Misserfolgs oder nicht bestandener Prüfungen zugenommen. Ich diagnosti­zierte ihn, doch zu meiner großen Verwunderung stellte ich keinerlei Aggression fest. Sein geistiger Zustand hatte folglich hiermit nichts zu tun. Ich sprach etwa eine Stunde mit ihm und versuchte fieberhaft, die Ursache zu finden. Bei ihm gab es ein, zwei mögliche Problemvarianten, doch sie waren, wie ich sah, nicht mit der Situation verbunden. Gleichzeitig ging ich in Gedanken Dutzende meiner Varianten durch, aber immer ohne Erfolg. Nachdem alle meine Stereotypen aufgebraucht waren und versagt hatten, entstand in meinem Kopf eine Leere. Die Lösung des Problems war verblüffend und überraschend einfach.

“Sie korrumpieren Ihre Mitarbeiter durch hohes Gehalt.” Mein Gesprächspartner war verdutzt.

“Wie soll ich das verstehen?”

“Wenn ein Mensch Fehler macht und dafür nicht bestraft wird, dann nimmt seine Orientierung auf ein glückliches Schicksal zu. Und seine Seele wird stolz und aggressiv. Wenn jemand ein hohes Gehalt bekommt, sich aber bewusst ist, dass er es nicht verdient hat, und sieht, dass andere für die gleiche Arbeit weit weniger erhalten, dann verstärkt das ebenfalls seine Orientierung auf ein glückliches Schicksal. In einer sol­chen Situation ist es ziemlich schwer, ausgeglichen zu blei­ben. Kreativen Menschen gelingt dies leichter. Doch jemandem, der einfach nur Aufträge ausführt, fällt das sehr schwer.” Ich er­klärte dem Leiter weiter:

“Sie meinen es gut mit Ihren Mitarbeitern, indem Sie Fehl­leistungen nicht bestrafen und sie maximal entlohnen, d. h. Ihren Untergebenen größten geistigen und physischen Komfort gewähren. Damit orientieren sie diese immer stärker auf Wohl­ergehen und Stabilität. Doch um zu überleben, müssen diese unterbewusst diese Stabilität zerstören. Normalerweise müssten sie die Arbeit, d. h. die Gefahrenquelle, zerstören, doch dem wirken Ihre gute Intuition und Ihr gutes Energiefeld entgegen. Deshalb wird nicht die Arbeit, sondern vielmehr das Schicksal der Untergebenen ruiniert.

“Sehen Sie”, zeigte ich ihm, “bei einem Ihrer Mitarbeiter bewegt sich die Situation auf den Tod zu, bei einem anderen steht die Hieroglyphe des Todes im Feld. Doch wenn sie sterben, wird man Sie bestrafen. Früher glaubten viele Eltern, der Sinn der Päd­agogik bestehe darin, dem Kind maximalen Komfort zu bieten und ihm ständig Moralpredigten zu halten. Doch das Kind hat die Moralpredigten niemals begriffen, und auch die Handlungen und das Verhalten der Eltern sind nicht ausschlaggebend. Das Kind wird hauptsächlich vom inneren Zustand der Seele seiner Eltern geführt und erzogen. Pädagogik ist einerseits Liebe zum Kind, andererseits die Schaffung von Situationen, mit denen es im Leben konfrontiert wird, und seine Absicherung in diesen Si­tuationen. Wenn ein Elternteil das Kind wegen eines Vergehens hart bestraft und ihm gleichzeitig seine Liebe zeigt, dann ist das weitaus besser als die gutgemeinte Absicht, ihm keine geistigen und körperlichen Schmerzen zuzufügen. Güte ohne Disziplin ist nicht weniger gefährlich als Gewalt und Brutalität.”

Eine Patientin, eine alte Bekannte, rief mich an. Ich er­innerte mich, dass wir, als bei ihr Nierenkrebs diagnostiziert worden war und ihr die Ärzte geraten hatten, die Niere ent­fernen zu lassen, ein ernstes Gespräch geführt haben.

“Wenn das Energiefeld Ihrer zweiten Niere besser wäre, wäre die Operation sinnvoll. Doch Ihr Energiefeld ist derma­ßen unausgeglichen, dass die Operation kaum helfen wird.”

Die Diagnose erwies sich später als falsch. Auch danach telefonierten wir hin und wieder miteinander. Ich beschäftigte mich bereits wieder mit kreativer Tätigkeit, d. h. nicht mit Ge­sundheitsproblemen, sondern der Erforschung verschiedener Situationen. Als sie erneut anrief, hatte sie unerklärliches Fie­ber, etwa 40º. Ich sah, dass sie auf Ethik und glückliches Leben orientiert war.

“Beseitigen Sie die Vorwürfe in allen Fällen, in denen Sie Unannehmlichkeiten hatten. Rufen Sie morgen wieder an.”

Am nächsten Tag rief sie mich an: “Es hat sich überhaupt nichts geändert.” Ich betrachtete erneut das Feld und fuhr fort zu erklären:

“Sie haben Ihre Gereiztheit, Unzufriedenheit und Klagen an die Tochter und die künftigen Enkel weitergegeben. Beten Sie für sie.”

Am nächsten Tag rief sie wieder an und teilte mit gequälter Stimme mit, dass sich die Situation noch verschlimmert hat.

“Bei Ihrer Tochter konnten Sie die Orientierung auf Ethik und glückliches Schicksal nicht beseitigen. Ethik ­das ist nicht nur Moral und Gerechtigkeit, das sind auch Pläne, Ziele, Aufgaben und Ordnung. Orientierung auf Ordnung wird durch Zerstörung der Ordnung und unverschämtes Verhalten anderer Menschen geheilt.”

“Was verstehen Sie unter Ordnung?”, stöhnte die Frau.

“Wir sind vor einigen Monaten in die neue Wohnung umge­zogen und leben immer noch in einem solchen Chaos, dass ich es nicht mehr ertragen kann. Ich habe extra Urlaub ge­nommen, um alles aufzuräumen, und dann wurde ich krank.”

Mir kam die Erleuchtung:

“Sie sind deshalb erkrankt, weil Sie Ordnung schaffen wollten. Wenn Sie es geschafft hätten, hätte auch Ihre Tochter krank werden können. Das Programm der Orientierung auf Stabilität und Ordnung hätte sich enorm verstärkt. Sie müssen verstehen, das Leben ­das ist nicht Ordnung. Stoffwechsel ­das ist Zerstörung, aber kontrollierte Zerstörung. Wenn jede Zer­störung beseitigt wird, gibt es keinen Stoffwechsel, dann haben wir es mit einer Leiche zu tun. Das Leben ist ein Pendeln zwischen Chaos und Ordnung. Ordnung ist gefährlicher als Chaos. Als Sie sich über Menschen ärgerten, die sich nicht Ihren Plänen entsprechend verhielten, die Ihre Stabilität und Ihre Vorstellung von Glück verletzten, haben Sie sich so stark darauf fixiert, dass es zuerst ringsum zum Verfall der Situation und dann auch der Gesundheit gekommen ist. Wenden Sie sich Gott zu und bitten Sie um Vergebung dafür, dass Sie Ord­nung verabsolutiert und diese Orientierung an die Nachkom­men weitergegeben haben.”

Am nächsten Tag hatte die Frau kein Fieber mehr. Patienten rufen mich an, ein Ehepaar.

“Uns hat es irgendwie gleichzeitig erwischt”, klagt er.

“Bisher war mit meiner Frau scheinbar alles in Ordnung, doch nun ist alles durcheinander.”

“Wir haben jetzt Herbst”, erkläre ich ihnen. “Da verstärkt sich die Kraft aus dem Jenseits, wo sich die Ablage unseres Gewissens befindet. Früher nicht bemerkter, Unrat’ kommt nach oben, die Probleme verschärfen sich.”

“Bei Ihnen”, erkläre ich erneut dem Mann, “besteht eine Orientierung auf irdische Werte ­Geld und glückliches Schicksal. Geld bedeutet nicht allein materielles Glück, son­dern ist auch ein Symbol von Stabilität und Macht, wobei die Stabilisierung des Irdischen oft über die Frau erfolgte. Weil die Reinigung nicht akzeptiert wurde, kam es zu Kränkungen. Mit Ihren Klagen haben Sie eine Reinigung verhindert und Ihren Sohn auf irdische Werte orientiert. Sein Feld ist defor­miert, deshalb tut Ihnen das Herz weh. Ihre Ehefrau ist auf Ethik orientiert. Solche Menschen haben das Gefühl, dass sie immer Recht haben. Sie wollen ihre Weltauffassung allen auf­zwingen und meinen oft, dass die Menschen und die Welt un­gerecht sind. Sie empfinden ständig Verachtung und Empörung gegenüber Menschen, die ihre Pläne und Verhal­tensstereotype zerstören. Ihre Frau hat durch ihre Aggression auch die Tochter und den Sohn auf Ethik orientiert. Um zu überleben, muss sich die Tochter über Ethik erheben oder sie aufgeben, d. h. durch ihr Verhalten moralische und sittliche Prinzipien verletzen.”

“Sie haben”, erkläre ich über das Telefon der Frau, “in den letzten Monaten Ihre Tochter verurteilt und verachtet und nicht begriffen, dass Sie der Urheber ihres Verhaltens sind. Daher haben Sie, anstatt der Tochter zu helfen, ihr ungewollt geschadet. Deshalb haben Sie gesundheitliche Probleme. Diese Probleme retten gegenwärtig das Leben Ihrer Tochter.”

Der Mann fragt mich:

“Ich habe gegenwärtig heftiges Herzstechen, muss ich den Notarzt rufen und Medikamente einnehmen?”

“Ihre unterbewusste Aggression kann derzeit Ihre Frau töten. Die Aggression wird durch das Herzstechen blockiert. Medikamente würden Ihnen zwar Erleichterung gewähren, Ihrer Frau aber schaden. Es ist ratsam, parallel zu arbeiten, d. h. gleichzeitig zu beten und die Seele zu reinigen.”

Nach einigen Tagen rufen sie erneut an: Ihr Zustand hat sich gebessert, wenn auch nur wenig.

“Jetzt ist die Zeit gekommen”, erkläre ich ihnen, “in der niemand mehr Materialist oder Idealist sein darf. Früher hat sich der Mensch auf das Irdische orientiert und von Gott los­gesagt, worauf sein Körper erkrankte und starb. Dann hat er sich vom Irdischen getrennt und dem Geistigen zugewendet. In diesem Zeitraum war er zu 98% glücklich. Nun hat sich der Mensch auf das Geistige orientiert, und sein Geist begann zu erkranken.”

Lange Zeit haben die Wissenschaftler Rationales und Irra­tionales ­Gedanken und Gefühle ­streng voneinander getrennt. Doch keine einzige bedeutende Entdeckung kam ohne “intuitiven Durchbruch” oder “Erleuchtung” aus. Wissen­schaft stützt sich auf den Versuch, das Experiment. Jede Idee oder Konzeption wird experimentell überprüft. Wie die Wis­senschaftler sagen, ist das Experiment der Geburtshelfer der Entdeckung. Um ein Experiment durchzuführen, muss man intuitiv das Ergebnis kennen. Auf unterer emotionaler Ebene haben Experiment und Entdeckung bereits stattgefunden, sie müssen einfach nur noch realisiert werden. Neue emotionale Modelle der Wahrnehmung der Welt liegen allem zugrunde. Sie werden uns von Kunst, Philosophie und Religion sowie alltäglichen Lebenssituationen geliefert. Aus der Fähigkeit, allen Kollisionen im Leben mit Liebe zu begegnen, ergibt sich der Reichtum unserer Gefühle. Die Wissenschaft gerät oft in eine Sackgasse, wenn sie versucht, zerrissene Kettenglieder nur durch Logik zu verbinden.

Vor kurzem stellte mir ein Freund, ein Urologe, eine in­teressante Frage.

“Kannst du mir einen Fall erklären? Ein Patient wird einer Heilbehandlung gegen Trichomonaden unterzogen. Nichts hilft. Eine zweite Behandlung ist ebenfalls ergebnislos. Nach einiger Zeit werden Analysen gemacht, sie zeigen das­selbe Bild. Doch plötzlich verschwindet, ohne erkennbare Gründe, die Infektion. Die Analyse ist ohne Befund. Nach ei­nigen Monaten tauchen in der Urinanalyse tote Trichomona­den auf. Unter dem Mikroskop sehen sie aus, als ob der Patient einer intensiven Behandlung unterzogen wurde.”

“Das widerspricht der üblichen Logik. Doch sie ist vor­handen, man muss nur eine andere Konzeption zugrunde legen. Die Ausgangskonzeption war, dass die Medizin auf die Infektion, die krankheitserregenden Mikroorganismen, ein­wirkt. Der Mensch selbst und sein Zustand wurden nicht be­rücksichtigt. In letzter Zeit hat man begonnen, die Immunität zu berücksichtigen. Um die Effektivität der medikamentösen Einwirkung zu verstärken, erfolgt zuvor eine Behandlung mit Immunpräparaten. Aber an der Konzeption hat sich nichts ge­ändert: Die Infektion ist nur ein Übel. Doch in Wirklichkeit blockiert jede Infektion unterbewusste Aggression verschie­dener Art. Diese Aggression deformiert die Feldstrukturen und verringert die lokale und allgemeine Immunität. Man kann Immunpräparate zu sich nehmen und dann die Infektion mit Antibiotika bekämpfen, doch indem wir das eine kurieren, verschlimmern wir das andere.

In meiner Sprechstunde war kürzlich ein Mann. Er war fünfzig Jahre alt, fühlte sich völlig impotent. Gewöhnlich ent­steht Impotenz wegen Eifersucht, Vorwürfen und Verachtung

Frauen gegenüber. Diese Aggression nimmt ständig zu, und das Selbstvernichtungsprogramm zerstört das urogenitale Sys­tem. Ich erklärte dem Patienten:

,Sie machen sich Selbstvorwürfe, andere wunde Punkte sind Fähigkeiten, Vollkommenheit, Schicksal und Zukunft. Ihr Selbstvernichtungsprogramm überschreitet anderthalbmal das tödliche Niveau. Das führt entweder zu Potenzschwäche, Hämorrhoiden oder einer Infektion des urogenitalen Systems. Wenn Sie die Infektion erfolgreich kurieren, kommt es zu Im­potenz. Deshalb sollten Sie besser mit der eigentlichen Ursa­che beginnen.”

Übrigens, der Vorgang des, Alterns’ ist vorwiegend das Ergebnis von angehäuften Vorwürfen der Umwelt, sich selbst und Gott gegenüber.

Aber kommen wir auf die Infektion zurück. In Abhän­gigkeit vom inneren Zustand und der emotionalen Beschaf­fenheit des Menschen verstärkt oder verringert sich seine unterbewusste Aggression. Wenn er Tabletten schluckt und sich einer Heilbehandlung unterzieht, erfolgt eine unterbe­wusste Unterdrückung von sexueller Lust und sexueller Be­ziehungen. Sex wird mit Schmerzen und Krankheit assoziiert. Irdische Vergnügen werden zwangsweise aufgegeben. Wenn der Mensch betet und fastet, findet derselbe Prozess statt, al­lerdings auf freiwilliger Grundlage. Das Programm der Selbsterniedrigung gelangt allmählich ins Unterbewusstsein, und sobald es ein bestimmtes Niveau erreicht hat, nimmt die unterbewusste Aggression ab.

Ein Verwachsen der Seele mit sexuellen Vergnügen wird beträchtlich verringert. Die Infektion ist überflüssig, und der Organismus beseitigt sie schnell. Doch für den Fall, dass der Mensch erneut zu sexuellem Vergnügen neigt und alles ver­gisst, hält der Organismus in einer bestimmten Zone eine neue Infektion bereit. Ist die Aggression gering, sind die Analysen ohne Befund. Wenn die Aggression zugenommen hat, beginnen aus einer bestimmten Zone Trichomonaden auszutreten. Doch das Umfeld ist noch sehr aktiv, und die Mikroorganismen gehen darin zugrunde. Nimmt die Aggression stark zu, öffnet sich nach sexuellem Kontakt, der die Orientierung auf sexuelle Be­gierde vielfach verstärkt, diese Zone und die Infektion bricht aus. Der Mensch ist der Meinung, dass er sich beim sexuellen Kontakt angesteckt hat. Hat ein Mann eine hohe unterbewusste Aggression gegenüber Frauen, wird er unter mehreren Frauen intuitiv die auswählen, die den miesesten Charakter und eine Infektion hat. Mit ihr wird ihn sein Doppelgänger oder sein Schicksal zusammenbringen. Übrigens ist das Gefühl des Ge­kränktseins der heimliche Wunsch zu sterben. Und mit einem Finger, wenn er die Hand oder den Organismus vernichten will, macht man üblicherweise wenig Umstände.”

“Ich habe verstanden”, antwortete mein Freund. “Geistig an sich zu arbeiten ist natürlich hervorragend. Doch nicht jedem ist es gegeben, sich sofort zu ändern. Medikamente sind hierbei doch hilfreich. Bist du damit einverstanden?”

“Einverstanden!”

“Ich will dich mal prüfen. Kannst du anhand der Bezeich­nungen von Medikamenten bestimmen, welche von ihnen am effektivsten gegen Chlamydien sind? Die Urologen behandeln gegenwärtig nach der Versuchsmethode. Wenn die Behand­lung mit dem einen Medikament nicht erfolgreich war, wird das nächste genommen. Dass sich der Patient dabei im Ge­sicht verfärbt und seine Leber zersetzt wird, ist eine andere Frage. Ich nehme vom Patienten eine Flora, und im Labor wird überprüft, wie sie auf verschiedene Medikamente rea­giert. Damit wird sowohl Zeit gespart als auch der Gesundheit des Patienten gedient. Ich will jetzt Chlamydienabstriche auf ihre Empfindlichkeit gegenüber vierzehn Arten von neuen Medikamenten prüfen.”

Er nannte diese einzeln, und ich bestimmte ihre Tauglich­keit. Nach meinem Empfinden hatten nur zwei eine gewisse Wirkung. Eine Woche später telefonierten wird miteinander. Die Ärzte hatten die Effektivität der Medikamente an Kultu­ren geprüft, wobei nur zwei gute Ergebnisse erzielt hatten. Es waren die beiden Medikamente, die ich genannt hatte.

“Das ist einfach ein Wunder”, staunte mein Freund.

“Das ist kein Wunder”, antwortete ich. “Jeder von uns hat diese Informationen, doch wir verstehen nicht, sie richtig zu nutzen. Wenn wir bei der Einnahme von Arznei nicht sofort mögliche Varianten und Folgen berücksichtigen und einschät­zen, kann das betrüblich enden. Je effektiver ein Medikament wirkt, umso mehr muss der Patient geistig an sich arbeiten. Im gegebenen Fall helfen ständiges Beten, längeres Fasten und Verzicht auf sexuelle Kontakte. Wenn dann noch Körper­und Atemübungen hinzukommen, dann hilft das Medikament und schadet nicht.”

“Gut, und wie sieht es mit der Anwendung von Akupunk­tur aus?”

“Hier hängt alles von der Persönlichkeit des Therapeuten ab. Zwei Ärzte, die auf gleiche Weise die Nadeln setzen, er­zielen völlig unterschiedliche Ergebnisse. Nicht jedem Men­schen ist es von oben gegeben, Arzt zu werden, ganz zu schweigen auf dem Gebiet der Akupunktur. Selbst wenn ein Arzt nur Tabletten verschreibt, setzt er sein Energiefeld ein. Deshalb muss er immer auch ein wenig Geistlicher sein. Nur mit einem großen Vorrat an Liebe in der Seele kann man Arzt werden. Dann heilt der Arzt intuitiv die Seele, wenn er dem Kranken Tabletten zur Heilung des Körpers gibt. Wenn der Vorrat an Liebe gering ist, heilt er nur den Körper und schadet der Seele des Patienten. Dafür zahlt er dann mit seiner Ge­sundheit und der Gesundheit seiner nächsten Verwandten. Laut Statistik ist die Lebenserwartung von Ärzten geringer als bei Menschen anderer Berufe. Damit sie sich verlängert, müssen Arzte nicht nur ständig einen Vorrat an Liebe in der Seele anhäufen, sondern auch eine einfache Wahrheit begrei­fen: Niemals haben ein Arzt und ein Heiler geheilt oder wer­den sie heilen, sie helfen nur dem Kranken, wieder gesund zu werden.”

Vor kurzem beschloss ich, mich einer Prüfung zu unter­ziehen. Man hatte mir gesagt, dass Pflanzensaft nach entspre­chender Verarbeitung Heilwirkung besitzt. In solche aus Pflanzensaft bestehende Nährlösungen wurden Krebszellen­kulturen eingebracht. In den einen Nährlösungen kamen die Zellen um, in anderen vermehrten sie sich.

“Lasst mich bestimmen, in welchen das der Fall ist”, schlug ich vor.

Man stellte fünf Reagenzgläser vor mich hin. Darunter waren zwei, mit deren Inhalt man experimentiert hatte.

“In diesen beiden Gläsern ist aktives Wachstum festzu­stellen”, sagte ich. “Und in diesen drei sind die Krebszellen abgestorben.”

Meine Prüfer lächelten. “Vollkommen richtig.”

In einem der beiden Gläser, in denen aus Rüben gewon­nener Saft war, fand Zellwachstum statt. In zwei anderen Glä­sern befand sich ein Extrakt aus Kohl, darin war eine Reduzierung der Krebszellen festzustellen. Die beiden letzten Gläser enthielten Möhre und Petersilie. Sie mussten noch ge­testet werden. Im Prinzip war alles erwartungsgemäß. Wenn man Möhren isst, verbessert sich das Sehvermögen, und Möh­ren verringern die Eifersucht. Entscheidend ist nicht die Wir­kung der Mikroelemente, sondern die des Energiefelds.

Für Eifersüchtige ist es ratsam, Kascha, Kohl, Möhren und Petersilie, weniger Tomaten, anstelle von Schweine­fleisch Hammelfleisch zu essen. Schweinefleisch verstärkt die Eifersucht. Im meinem ersten Buch habe ich übrigens be­schrieben, wie ein Mann das Blut abgestochener Schweine getrunken und wie sich das auf seinen Sohn ausgewirkt hatte. Im Blut des Schweins waren weniger Informationen über To­desangst als vielmehr über Schicksalsorientierung ­sexuelle Vergnügen, Essen und Zuneigung ­enthalten, d. h. über alle Freuden des Fleisches, welche die Seele an die Erde binden. Wenn sich der Mensch ständig genießerisch und ab­wechslungsreich ernährt, erschließen sich ihm immer mehr Informationen, die in der Nahrung enthalten sind. Er beginnt, von ihnen abhängig zu werden. Nach allem zu urteilen, muss die Ernährung von Zeit zu Zeit einförmig gestaltet werden.

Brot und Kascha sind dafür bestens geeignet.

Ich war früher der Meinung, dass neue Informationen wie ein unerwartetes Geschenk erhalten werden. Die Erleuchtung kommt ­der eine hat dabei mehr, der andere weniger Glück. Jedenfalls habe ich das so in Büchern gelesen. Wie sich her­ausgestellt hat, sind neue Informationen immer mit Schmerzen und Qualen verbunden. Sie kommen wie eine unheilvolle und zerstörerische Kraft. Wenn sie keine Erbitterung hervorrufen und der Mensch die Liebe bewahrt, dann ist die Prüfung be­standen, und die zweite Phase der Aneignung der Informationen verläuft leicht. Sie wird dann als Erleuchtung, als neue Idee, empfunden. Erst später habe ich begriffen, was Sache ist.

Danach habe ich den Patienten erklärt: Der Konstruktion der Welt liegt die Liebe zugrunde. Das Universum ist das Er­gebnis des Zusammenwirkens von drei Wesenheiten: Die eine ist kreativ, die zweite zerstört und die dritte stabilisiert. Die Kräfte des Chaos oder der Zerstörung sind die höhere Ordnung. Das bedeutet, darin ist große Liebe zu Gott enthalten. Wenn wir also als Antwort auf Zerstörung die Liebe in der Seele vergrö­ßern, dann wird aus Zerstörung kreatives Schaffen. Innerer Hass gegen Zerstörungen kommt im Widerwillen zur Weiter­entwicklung zum Ausdruck. Das bedeutet, je mehr Liebe wir bei Unannehmlichkeiten spüren, umso besser erkennen wir alles als Gottes Werk.

Eine der wichtigsten Etappen meiner Erkenntnis begann Ende 1994. Ich spürte, dass ich zunehmend die Kontrolle über die Situation verlor. Ich handelte nach dem von mir ausgear­beiteten Schema: Es gibt Irdisches und es gibt Göttliches. Die Orientierung auf Irdisches ruft Aggression hervor, und als Folge davon Unglück und Krankheiten. Und ich erklärte den Patienten, warum Moses jene tötete, die das goldene Kalb an­beteten. Moses versuchte, diejenigen aufzuhalten, für die Geld und Gott eins waren. Ich sagte: Hier ist das Irdische, und hier das Geistige und Göttliche. Geistiges und Göttliches waren für mich ein und dasselbe. Kaum hatte ich die Konzeption des Irdischen ausgearbeitet und beschlossen, dass nun das zweite Buch erscheinen konnte, begannen seltsame Dinge mit mir vorzugehen.

Erstens nahm die Zahl der Patienten, denen ich nicht hel­fen konnte, ernorm zu. Man begann völlig überraschend, mich zu hintergehen und zu betrügen. Ich habe darüber im zweiten Buch geschrieben. Und ich wurde noch weiterhin vom Pech verfolgt.

Ich wollte einem Mann helfen. Er drückte mir dankend die Hand. Aber dann stellte sich heraus, dass er zur selben Zeit mit seinem Freund Pläne schmiedete, um mich um viel Geld zu bringen. Um Geld betrogen zu werden, hätte ich leicht hingenommen, doch mich hatte ein Mensch verraten, dem ich vertraute hatte und dem ich hatte helfen wollen. Mein System gab darauf, warum das geschehen war, keine Antwort. Doch alles ist von Gott bestimmt, und ich spürte, dass diese dumme, unangenehme Geschichte zu etwas nützlich sein würde. Aber wozu, das konnte ich nicht verstehen. Was ich tun konnte, war lediglich, die Klagen und Vorwürfe gegenüber diesen Leuten zu beseitigen. Das ging ziemlich schnell. Schwieriger war es schon, ihnen wieder Liebe entgegenzu­bringen.

“Nicht schlecht”, dachte ich. “Sie haben mich verraten, und ich soll sie lieben.” Ich versuchte, mich zu überwinden, und meine Vorwürfe verschwanden vollständig, jedoch nicht meine Probleme. Kurze Zeit später gerieten die linken Räder meines “Moskwitsch” zuerst in lockeren Sand, dann in eine schlammige Pfütze. Der Wagen schleuderte auf den Bürger­steig, wobei er zwischen den Bäumen hindurchrutschte und zuerst den linken, dann den rechten Kotflügel verlor. Wenn der Wagen nicht mit den Kotflügeln, sondern frontal aufge­prallt wäre, hätte der Motor mich zerdrückt. Doch das alles waren noch geringe Unannehmlichkeiten. Am schwersten war es für mich zu erleben, wie mein bis ins Kleinste ausgefeiltes System bei einem Patienten versagte. Das ist ein Gefühl, wie wenn ein Mensch ertrinkt, man ihm jedoch, anstatt ihn zu ret­ten, vom Ufer aus zuwinkt.

Ich erinnere mich an einen Fall. Mich suchte ein Patient auf, der physisch gesund war, bei dem aber auf Feldebene große Probleme aufkamen.

“Ihre Seele ist auf Geld und glückliches Schicksal orien­tiert”, erklärte ich ihm. “Ihre unterbewusste Aggression über­schreitet das tödliche Niveau, d. h. die Zeitbombe, die in Ihnen tickt, kann explodieren. Sie müssen nicht das Irdische, sondern das Geistige und Göttliche anbeten.”

Er glaubte mir, sein Zustand begann sich zu verbessern, doch dann trat etwas Unerwartetes ein.

“Ich habe meine Arbeit aufgegeben”, erzählte er mir. “Ich habe keine Lust mehr zu arbeiten. Alles Irdische interessiert mich nicht mehr.”

“Beunruhigen Sie sich nicht, das vergeht schnell wieder”,

erklärte ich ihm. “Anfangs sagt sich der Mensch vom Irdi­schen los, wird ihm gegenüber gleichgültig, dann findet er zum irdischen Glück zurück und genießt es, ohne darauf ori­entiert zu sein.”

Aber er fand nicht zurück, sondern entfernte sich immer weiter vom Irdischen, und ich konnte nichts tun. Seine Frau rief mich an und bat mich mit tränenerstickter Stimme um Hilfe.

“Ich habe Angst um die Psyche meines Mannes”, sagte sie.

“Er hat überall Kreuze und Ikonen aufgehängt, verkehrt nicht mehr mit Freunden und Verwandten. Was ich ihm auch sage, er hört mir einfach nicht zu.”

Ich redete also erneut mit dem Patienten. Ich erklärte ihm, dass es Zeit ist, zum Irdischen zurückzukehren. Doch das ge­lang ihm nicht.

“Wissen Sie, ich habe einfach das Interesse an Frauen und am Leben überhaupt verloren”, sagte er mir.

Natürlich hätte ich dieses Verhalten der Persönlichkeits­struktur des Patienten zuschreiben können. Aber ich spürte, dass dies alles mit der über mich hereinbrechenden Welle, die ich nicht aufhalten konnte, zusammenhing. Das bedeutete, dass das zweite Buch nicht veröffentlicht werden konnte. Die Infor­mationen, die ich gab, waren irgendwie unvollständig. Ich wusste ja am besten, welche mächtige Einwirkung die im Buch dargelegten Informationen ausüben. Zu dieser Zeit war der Bü­chermarkt mit Plagiaten überschwemmt, in denen etwas ge­schrieben wurde, was den Lesern die Haare zu Berge stehen ließ. Und alle dachten, dass ich das geschrieben hätte. Mir wurde angeboten, das zweite Buch doch in Teilen zu veröffent­lichen, um das Chaos auf dem Büchermarkt irgendwie zu be­enden, doch ich konnte kein Risiko eingehen. Übrigens haben die Leser nicht das zweite, sondern das dritte Buch gelesen. Das eigentliche zweite Buch hatte ich 1993 geschrieben. Aus ihm habe ich nur einen Teil übernommen, den Rest in den Pa­pierkorb geworfen und begonnen, das Buch neu zu schreiben. Ich wollte nicht, dass das zweite Buch eine Aufarbeitung oder ein Abklatsch des ersten Buches ist. Daher kam es auch zu dem wahrgenommenen starken Bruch im zweiten Buch. “Als ob ein anderer es geschrieben hat”, bekannten die Leser.

In dieser misslichen Lage war mir, ehrlich gesagt, nur eins klar: Mein System ist unvollkommen, aber es gibt keinen Weg zurück. Doch vor mir ist eine Wand, die ich nicht über­winden kann. Ich hätte auch nicht den Versuch dazu unter­nommen, wenn ich nicht gewusst hätte, wie wichtig diese Forschungen für diejenigen sind, die bald erkranken und ster­ben werden, ohne zu erfahren, weshalb und warum.

Gegenwärtig kann ich mich nicht an Details erinnern, doch allmählich und schrittweise kam ich voran und erkannte, worin mein Fehler bestand. Ich begann zu begreifen, dass Ethik und Gott verschiedene Dinge, Fähigkeiten und Intellekt die erste Schicht des Geistigen sind und dieser feinere Schich­ten zugrunde liegen ­Moral, Anständigkeit, Gerechtigkeit, Ideale. Bei meinen unablässigen Bemühungen, die Situation zu klären, erkannte ich, dass das Geistige einen bei weitem größerem Wert als das Irdische, das Materielle darstellt. Doch mit dem Bestreben, das Geistige zum Ziel zu machen, begeht man eine noch größere Lossagung von Gott.

Liebe zu den menschen und zur welt

Es ist Januar 1996, ich schaue aus dem Fenster auf die verschneiten Zweige der Bäume und denke an die Ereignisse der letzten Monate zurück. Ich habe also ein zweites Buch ge­schrieben, mit dem ich weiter vorangekommen bin, und habe versucht, meine Konzeption weiterzuentwickeln. Im ersten Buch war alles sehr einfach: Es gibt Aggression ­es gibt Krankheit. Ich habe die Aggression beseitigt ­die Krankheit ist verschwunden. Im zweiten Buch versuchte ich zu erfahren, woher die Aggression kommt. Im Ergebnis kam ich zu dem Schluss: Ein falsches System von Prioritäten ruft Aggression hervor. Allzu starke Abhängigkeit von irdischen Werten und das Verlangen, sie zum Ziel und Sinn des Lebens zu machen, führen zwangsläufig zur Anhäufung von Aggression. Das be­deute, dass man Gott mehr als alles Irdische lieben muss. Dann habe ich erkannt, dass meine Entdeckungen nicht neu sind. Das alles kann man in der Bibel nachlesen. Nicht nur in der Bibel, sondern auch in indischen philosophischen Schriften wird dasselbe gesagt. Eine allzu starke Neigung zum Irdischen ruft Leiden hervor, und Leiden führen zu Krankheiten. Ich be­griff, dass ich einen Weg zurücklege, den vor mir bereits andere gegangen sind. Doch da ich mich nicht von Quellen abhängig machte und eigene Forschungen unternahm, konnte ich weiter vorankommen. Islam, Christentum und Judaismus entstanden erst nach der indischen Religion und Philosophie. Ich hatte das Gefühl, dass ich, als ich die Grundpositionen dieser Religionen durchging und sie verallgemeinerte, nicht nur zur indischen Religion und Philosophie gelangte, sondern gezwungen wurde, mich mit geistigen Praktiken zu beschäftigen. Doch zuvor musste ich aus der Sicht meines Systems begreifen, warum in der indischen Mythologie Gott der Schöpfer ist, warum dieses Universum zur Illusion erklärt wird und es kei­nen Sinn hat, es zu lieben. Die Realität bereitete mich darauf wesentlich schneller vor, als ich dachte. Als ich das zweite Buch beendete, hatte sich mein System der Wahrnehmung der Welt stark geändert. Ich war mir sicher und wies anhand hun­derter Fakten nach, dass die irdischen Werte nicht Gott sind und man sie nicht anbeten darf. Doch für mich waren Ethik und Gott in eins verschmolzen. Durch schmerzliches Umden­ken gelang es mir, ein Drama zu verhindern, das sich in näch­ster Zukunft hätte abspielen können. Es stellte sich heraus, dass geistige Werte ebenfalls nicht Ziel und Sinn des Lebens sein können. Und wenn sich die Seele an sie bindet, dann entfacht sich Aggression in größerem Maße und mit größerer Kraft. Es gelang mir, meine Erkenntnis ins zweite Buch aufzunehmen, und ich war überzeugt, dass das ausreichend sein würde, dass nun die Hatz aufhören würde und ich mich einige Jahre freien Forschungen widmen könnte. Zumal ein interessantes Thema aufgetaucht war, das mit der Zeit zu tun hatte. Ich spürte, dass sich dahinter viel verbarg.

Was ist Zeit? Warum ist sie untrennbar mit Raum und Ma­terie verbunden? Zeit ­das ist immer irgendeine Dimension, d.h. sie ist mit den Besonderheiten des Raums verbunden. Wenn der Raum zu einem Punkt komprimiert wird, dann wird auch die Materie zu einem Punkt komprimiert, und dann wird die Zeit komprimiert und bleibt stehen. Materie und Raum sind sta­bile Gruppierungen von Informationen. Bei einer Kompression von Raum und Materie werden daher auch Informationen ver­dichtet ­das ist einerseits. Andererseits muss eine Verdichtung von Informationen zur Kompression des Raums und zum An­halten der Zeit führen. Je höher die Informationsdichte ist, umso langsamer muss die Zeit verlaufen. Der Mensch als Informati­onssystem kann auf Raum und Zeit in seinem Umfeld einwir­ken. Wenn man die Besonderheiten des Einflusses der Zeit auf die Funktionen des menschlichen Organismus und die entspre­chende Rückverbindung untersucht, kann man zu neuen Wahr­heiten gelangen. Man muss daher mit einer grundlegenden Frage beginnen: Was beschleunigt und was verlangsamt das Altern des Menschen? Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass heftige Gemütsbewegungen schnelles Altern hervorrufen können. Die Unfähigkeit, Stress auszuhalten, beschleunigt also die Zeitprozesse, und eine Beschleunigung der Zeit gilt eindeu­tig als schlecht. Ich denke hier an ein interessantes Gespräch mit einer jungen Frau, die mir sagte: “Wenn irgendeine gefähr­liche Situation entsteht und ich etwas fürchte, dann beschleu­nige ich in mir die Zeit. Ich kann dann bedeutend leichter die Situation kontrollieren, doch meine Regel setzt dann einige Tage früher ein.” Ich erinnerte mich, dass bei vielen Menschen in kritischen Situationen eine Beschleunigung innerer Prozesse stattfindet und alles im Zeitraffertempo abzulaufen scheint. Das hilft oft, das Leben zu retten. Gleichzeitig stellte ich aber fest, dass der Mensch schneller zu altern beginnt, wenn höchste Ge­setze verletzt werden. Wenn Aggression gegenüber der Zeit vorliegt, dann wird der Alterungsprozess sehr beschleunigt und von Krankheiten begleitet. Bedauern der Vergangenheit ist di­rekte Aggression gegenüber der Zeit und führt zu schwersten Krankheiten. Angst vor der Zukunft ebenfalls. Doch innere Ag­gression bewirkt nicht unbedingt schnelles Altern, hier gibt es keine direkte Verbindung.

Ich erinnere mich an eine Patientin, der ich 1982 zu hel­fen versuchte, als ich damals noch in der Poliklinik auf dem Newski Prospekt praktizierte. Die etwa 55—58-jährige schmächtige Frau erzählte mit von ihren Problemen. Ich hörte ihr geduldig und nahezu emotionslos zu. Doch als sie mir Bil­der von sich zeigte, war ich schockiert. In Wirklichkeit war sie jünger als vierzig. Der Zeitraum zwischen den beiden Fotos, die sie mir zeigte, betrug zwei Jahre. Auf dem einen sah ich eine blühende, sehr schöne Frau, auf dem zwei Jahre später gemachten Foto das Gesicht der Großmutter oder bes­tenfalls ihrer Mutter.

“Sie haben eine gewaltige Aggression gegenüber der Zeit”, sagte ich ihr. “Die Ursache für das, was mit Ihnen ge­schah, liegt in dem Zeitraum, als Sie achtzehn bis zwanzig waren.”

Sie versuchte mühsam, sich an die Ereignisse von damals zu erinnern. Doch ihr fiel nichts Außergewöhnliches ein.

“Bevor ich zu altern begann, merkte ich, dass Energie aus dem Solarplexus abfloss”, erzählte sie. “Aus irgendeinem Grund spürte ich eine starke Zuneigung zu Männern und Ver­langen nach Liebe.”

Damals sah ich noch nur einfach die Verbindung von Ag­gression und Krankheit und versuchte, die Ursache dafür nicht nur in ihr, sondern auch in ihren Vorfahren mütterlicherseits zu finden. Doch so sehr ich mich auch anstrengte und sie sich bemühte, es war vergeblich. Später, nachdem ich weitere Er­fahrungen und Kenntnisse erworben hatte, habe ich mich wie­derholt mit diesem Fall beschäftigt. Als ich das zweite Buch abgeschlossen hatte und außer irdischen Werten auch geistige Werte erforschte, hätte ich ihren Fall als Blockierung über­mäßiger Eifersucht charakterisiert. Ihre Eifersucht überstieg das normale Niveau um das 90fache. Theoretisch könnten in dieser Situation weder die Frau noch ihr Mann überleben. Das sehr starke Altern hat das Verlangen, eifersüchtig zu sein, blockiert. Doch wie Eifersucht mit der Beschleunigung der Zeit verbunden ist, konnte ich nicht verstehen. In den letzten Monaten hatte ich immer öfter mit Fällen zu tun, in denen der Mensch auf die Zeit orientiert war. Wenn er bei Verletzung der höchsten Gefühle von Liebe und Edelmut Aggression be­kundete, dann war er auf die Zeit orientiert. Das heißt, die Verletzung höchster Gesetze führt zur Beschleunigung der Zeit, und offenbar fand in der Seele dieser Frau die stärkste Verletzung höchster Gesetze statt, und diese war mit Eifer­sucht verbunden.

Auf dieses Thema kam ich im Herbst 1995 zurück, als die Haut meiner Zehen zunehmend erkrankte und gefühllos wurde. Nach dem dynamischen Verlauf dieses Prozesses zu urteilen, würde ich bald meine Füße verlieren können. Zu­sätzlich verschlechterte sich mein Sehvermögen und es kam Weitsichtigkeit auf, die ich früher nie bemerkt hatte. Ich dachte, dass das altersbedingt ist, und war nicht besonders beunruhigt, doch dann passierten in meiner Umgebung selt­same Dinge mit dem Sehvermögen. Da begriff ich, dass ir­gendeine gefährliche Welle näher kam, doch ich konnte nichts dagegen tun. Zu ersten Problemen kam es bei mir, als ich ver­suchte, einen Krebskranken zu heilen.

“Die Ursache Ihrer Krankheit ist Eifersucht”, erklärte ich ihm. “Sie sind auf den geliebten Menschen und die Beziehun­gen zu ihm orientiert. Beten Sie, dass die Liebe zu Gott für Sie zum höchsten Glück wird.”

Doch so sehr er auch an sich arbeitete, seine Eifersucht nahm nur sehr langsam ab.

“Wissen Sie”, erklärte ich ihm, “um gesund zu sein, muss man begreifen, dass alle bestehenden Wertesysteme nur Mittel für die Liebe zu Gott sind. In unserem Universum gibt es Ma­terie, Raum und Zeit. Entsprechend der Materie gibt es irdi­sche Werte. Entsprechend dem Raum gibt es geistige Werte.

In Ihrer Orientierung auf geistige Werte werden Sie durch ein drittes Glied bestärkt, das mit einem weiteren Wertesystem ­der Zeit ­verbunden ist. Das ist die Liebe zum geliebten Men­schen und zur Umwelt. Für Sie ist die Liebe zum geliebten Menschen und zur Umwelt der absolute Wert. Sie beginnen, von Ihrer Liebe abhängig zu werden, und das ruft Aggression hervor. Wir sind vom Ziel abhängig und werden vom Ziel in dieser Abhängigkeit bestärkt. Wenn unser Ziel Gott ist, dann entwickeln wir uns harmonisch, und alle heiligen Gefühle zu allem, was Gott geschaffen hat, können nicht Ziel sein. Beten Sie, damit für Sie die Liebe zu den Menschen und zur Welt Mittel für die Liebe zu Gott wird.”

Ich hatte das Gefühl, zum Kern vorgedrungen zu sein und dass sich nun sein Zustand bessern würde. Was ich kurz zuvor noch für unwesentlich gehalten hatte, nämlich “irgendeine” Orientierung auf die Zeit, wurde plötzlich zu einem ernsten akuten Problem, das die anderen verdrängte.

“Ist denn Liebe zu den Menschen schlecht?”, fragte ver­wundert eine Patientin. “Liebe zu den Menschen ist wunder­bar”, erklärte ich. “Doch sobald sie zum Selbstzweck wird, schlägt sie in ihr Gegenteil um ­in Hass. Sehen Sie diesen würdigen jungen Mann mit Bart und Brille”, sagte ich. “Of­fenbar ein Wissenschaftler, Philologe. Er wurde zum Tod durch Erschießen verurteilt, dann wurde das Urteil in lebens­lange Haft umgewandelt. Er hat eine Frau getötet, dann ihre neunjährige Tochter vergewaltigt und ermordet. Laut Diagnos­tik besteht keine Orientierung, weder auf geistige noch auf irdische Werte. Er ist auf Liebe zu den Menschen orientiert. Und dann verliert er sie, wird zum Gewalttäter und Mörder. Seine Opfer haben entsprechend analoge Programme. Die Seele darf deshalb nicht mit etwas verwachsen. Wenn der Mensch sich von Zeit zu Zeit vom Geld lossagt, dann hilft ihm das. Wenn er sich von Zeit zu Zeit von Ethik lossagt, dann heilt auch das ihn. Wenn er dabei noch zu Gott strebt, hilft ihm das doppelt. Ich habe gehört, dass Serafim Sarowski es lange nicht lassen konnte, unflätige Reden zu führen, weil er spürte, dass geistige Werte nicht unverbrüchlich sein dürfen. Der Mensch muss sich von Zeit zu Zeit von der Liebe zu den Menschen lösen und zu Gott streben. Ich habe begriffen, warum es Zoten und zynische Witze gibt, warum Menschen beim Geschlechtsakt manchmal fluchen. Ich habe den Patien­ten immer gesagt, dass die Aggression durch Aufrichtigkeit daran gehindert wird, in die Seele zu gelangen, und sie damit vor Krankheit schützt. Wie sich gezeigt hat, ist Humor ein weiteres hervorragendes Mittel. Humor zerstört nachhaltig unsere Stereotypen und lässt kein Heiligtum ungeschoren. Sa­tire und Witz in volkstümlichen Theaterstücken haben weitaus bessere Heilwirkung als jede Medizin.”

Ziehen wir also Bilanz. Ende 1995 kam ich zu dem Schluss, dass alle Grundwerte unseres Universums überwind­bar sind. Jenseits von Raum und Zeit befindet sich Gott. Das heißt, wenn wir über Zeit, Raum und Materie hinausgehen, werden wir nicht krank. Materie ist ein Teil Gottes, in ihr ist eine Portion Liebe. Raum ist auch ein Teil Gottes, in ihm ist eine größere Portion Liebe. Das Vakuum erzeugt daher die Substanz oder, einfach gesagt, der Geist erzeugt die Materie. In der Zeit ist eine noch größere Portion Liebe, deshalb er­zeugt die Zeit Raum und Materie. Ich dachte, dass das System meiner Forschungen damit abgeschlossen ist, doch eine jähe Wende der Ereignisse zeigte, dass dem nicht so war. Beginnen wir damit, dass mein Zustand auf feiner Ebene, den ich stän­dig kontrolliere, sich gegen Ende des Jahrs stark verschlechterte. Normalerweise hätte ich Ende November, Anfang Dezember sterben müssen. Irgendeine neue Schicht war aufgetaucht, gegen die ich machtlos war. Besonders pikant war, dass Anfang Dezember Anrufe kamen und Leute fragten, wann meine Beerdigung stattfinden würde.

“Wissen Sie”, sagte eine Frau. “Ich besuche Lehrgänge sensitiv veranlagter Menschen, und unser Lehrgangsleiter sagte, dass Lazarev gestorben ist. Ich möchte gern zu seiner Beerdigung gehen und ihm die letzte Ehre erweisen.”

Nach einigen Tagen kam ein weiterer Anruf. Ein Heiler aus dem Norden rief an.

“Teilen Sie Lazarev mit, dass er alles stehen und liegen lassen und zu mir kommen soll, ich kann ihn vor dem Tod ret­ten. Bald werden alle an einer schrecklichen Krankheit ster­ben. Lazarev wird als Erster erkranken und sterben. Er hat den Menschen so viel Gutes erwiesen, ich möchte ihn retten.”

“Raffe dich endlich auf und fahr hin”, sagte mir ein Freund. “Du hast selbst gesagt, dass du in dieser Zeit sterben kannst, und gerade jetzt beginnen die Anrufe mit dieser In­formation. Ich kaufe dir noch heute die Fahrkarte, fahr zu die­sem Heiler.”

Das alles kam mir nicht geheuer vor. Ich beruhigte ihn:

“Stell dir vor, dass alles, was dieser Mann gesagt hat, der Wahrheit entspricht. Ich fahre zu ihm und werde geheilt. Und was geschieht dann mit den anderen? Wenn ich aber langsam sterbe und mit Hilfe meiner Methode einen Ausweg finde, dann kann ich Millionen helfen. Wir werden also mit der Reise nichts überstürzen.”

Ich rufe eine Patientin an und frage nach ihrem Befinden “Es geht mir schlechter”, sagt sie, “obwohl ich die ganze Zeit gebetet habe.” “Wie haben Sie gebetet?”

“Nun, ich habe um Vergebung wegen meiner Ethik gebeten.”

“Aber wegen der Ethik sollen Sie doch nicht um Verge­bung bitten”, brülle ich in den Hörer. “Sondern deswegen, weil Sie auf Ethik orientiert sind und sie zum Ziel gemacht

haben. Geld, materielle Werte ­das ist Glück, und danach soll man streben. Man darf sie jedoch nicht zum Ziel und Sinn des Lebens machen, das ist sowohl für die Seele als auch den Kör­per schädlich. Ethik ist ein noch größeres Glück, sie ist das, was den Menschen zum Menschen macht. Doch sie ist ein noch größeres Unglück, wenn sie zum Ziel und Sinn des Le­bens gemacht wird. Ziel und Sinn des Lebens ist die Liebe zu Gott, die Vereinigung mit ihm. Falsches Beten ist nicht nur nutzlos, sondern auch schädlich. Krankheit ist die Folge an­gesammelter Aggression. Und Aggression ist die Folge eines falschen Wertesystems. Sobald der Mensch beginnt, etwas an­deres als Gott zum Ziel des Lebens zu machen, staut sich in seiner Seele Aggression an, die zu Unglück, Krankheit und Tod führt. Da sich gegenwärtig die oben erwähnten Prozesse häufen, kann das jeder spüren.”

Einige Tage später ereignete sich in meiner Sprechstunde ein interessanter Vorfall, bei dem es ebenfalls um Ethik ging. Ein junger Mann erzählte mir, dass in seiner Seele Dämonen sitzen. Er hatte schon sowohl Wunderheilerinnen als auch sen­sitiv veranlagte Menschen aufgesucht. Sie hatten die Dämo­nen zwar vertrieben, doch nur für kurze Zeit. Diese Dämonen flüsterten ihm zu: “Töte jemanden, spring vom Balkon usw.” Er stand auf und ging nervös im Zimmer umher. Plötzlich schrie er überraschend:

“Gesindel, Hunde, ich werde alle töten!”

Dann brüllte er unartikuliert wie ein Tier. Er fuchtelte mit den Fäusten und näherte sich mir. Ich beobachtete ihn mit In­teresse. “Wenn er mir jetzt auf den Kopf schlägt, habe ich ana­loge Pro-gramme.” Doch der Bursche beruhigte sich und setzte sich vor mir auf den Stuhl.

“Worin besteht der Sinn des Lebens?”, fragte ich ihn. Als Antwort darauf zuckte er mit den Schultern.

“Der Sinn des Lebens besteht darin, in der Seele Liebe zu Gott anzuhäufen. Sie aber haben in früheren Leben Ihre Fähigkeiten und Ihre Vollkommenheit zur Hauptsache ge­macht. Moral, Gerechtigkeit, Intellekt und Fähigkeiten wur­den für Sie zum absoluten Wert. Sie dachten, dass Ethik und Gott ein und dasselbe sind. Und Sie begannen, unfähige, stu­pide, unmoralische und unvollkommene Menschen zu ver­achten und zu verurteilen. Automatisch schaltete sich ein Mechanismus zur Rettung der Seele ein. Und Sie begannen, das zu verlieren, weswegen sich Ihre Seele mit Aggression anzufüllen begann ­die Ethik. Da Ihre Orientierung sehr stark war, hat sich auch der Teufel in Ihrer Seele dauerhaft einquar­tiert. Deshalb haben Ihnen die Wunderheilerinnen und Sensi­tiven nicht helfen können. Beten Sie, dass Ethik, Moral, Fähigkeiten und Intellekt für Sie nur ein Mittel sind, um die Liebe zu Gott zu vergrößern. Wiederholen Sie jeden Tag: Höchstes Glück, Freude und Sinn des Lebens für mich und meine Nachkommen ­das ist die Liebe zu Gott.”

“Und dann verschwindet der Teufel aus der Seele?”, fragte er interessiert.

“Nein, er nimmt nur den ihm zustehenden Platz ein. Das, was wir, Teufel’ nennen, ist eine Infektion, die unvollkommene Seelen befällt. Sie ist als Element der Evolution notwendig. Als die Wissenschaftler die Zellen des Organismus erforsch­ten, stellten sie fest, dass ohne die ständige Attacke von Mi­kroben die Zelle aufhört, sich zu entwickeln. Die Mikroben fressen die unvollkommene Zelle, die sich nicht richtig ent­wickelt. Da heißt, der Organismus überlebt nicht aufgrund der vollständigen Vernichtung der Mikroben, sondern durch Ver­vollkommnung der richtigen Orientierung. Wir sind gewohnt zu glauben, dass das Böse der Teufel ist, Gott ist das Gute. Da Gott alles, was existiert, ist, ist er gleichzeitig sowohl das Gute als auch das Böse. Der Teufel ­das ist eine Infektion, die in der Seele jedes Menschen lebt. Zerstörung bedeutet für den Organismus Tod. Stoffwechsel ist ebenfalls Zerstörung, aller­dings kontrollierte Zerstörung. Wenn der Stoffwechsel, d. h. die Zerstörung, vollkommen zum Stillstand kommt, dann stirbt der Mensch. Es geht also nicht um die Einstellung der Zerstö­rung, sondern um ihre Kontrolle. Wie kann die Kontrolle ver­stärkt werden? Sehr einfach. Je näher der Mensch Gott ist, umso größere Macht und Möglichkeiten erhält er, die Situation zu kontrollieren. Gott ist die Liebe. Das heißt, je mehr Liebe in unserer Seele ist, umso stärker ordnen wir uns nach gewisser Zeit die Umwelt unter, indem wir Böses in Gutes verwandeln. Äußerlich kann man übel nehmen, streiten und entrüstet sein ­das ist nicht schlimm. Die Hauptsache ist, dass die Seele in­nerlich Liebe ausströmt. Das ist eine Kunst, die man sich nur mühsam aneignen kann.”

Als der junge Mann, nachdem er eine Stunde lang an sich gearbeitet hatte, wieder das Zimmer betrat, sah ich, wie sich seine Seele auszugleichen begann und allmählich die Seelen seiner Nachkommen heller wurden. Nun war ich beruhigt.

In einer Sprechstunde stellte mir eine Frau eine interes­sante Frage:

“Mein Großvater wurde vom Blitz erschlagen. Nach ei­niger Zeit ging es der Großmutter schlecht, sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Eine Stunde später flog ein Kugelblitz ins Zimmer und schlug in das Bett ein, auf dem die Großmut­ter zuvor gelegen hatte. Im Nachbarzimmer hinterließ der Blitz auf dem Spiegel eine zickzackförmige Spur. Das ist doch alles kein Zufall?”

“Das ist kein Zufall”, sagte ich, nachdem ich das Feld be­trachtet hatte. “Von Blitzschlag sowie von Strahlung sind am ehesten diejenigen betroffen, die auf Ethik orientiert sind. Ethik ist auch Kontrolle über die Situation. Wenn ich Ethik zum Ziel mache, dann wird mein Feld bei der geringsten De­stabilisierung der Situation aggressiv. Folglich zieht es Aggres­sion an. Ihr Großva-ter hatte eine starke unterbewusste Aggression gegenüber Menschen, die seine geistigen Werte erniedrigten. Bei Ihrer Großmutter ist dasselbe der Fall, nur in geringerem Maße. Das heißt, wenn Sie sich gegenüber stupi­den und unfähigen Menschen nachsichtig verhalten und beten, dass für Sie Ethik und Vollkommenheit Mittel für die Liebe zu Gott sind, haben Sie Blitz und Strahlung kaum zu fürchten.”

Auch ein willensstarker und energiegeladener Mensch, der Erfahrung und Intellekt besitzt, kann wegen Unkenntnis der Gesetze, die das Universum lenken, ein vollkommenes Fiasko erleiden. Ich dachte daran, als ich den nächsten Patien­ten betrachtete. Er erzählte mir langsam, mit Unterbrechun­gen, seine Geschichte.

“Noch vor kurzem hatte ich viele Freunde. Der Monats­umsatz meines Unternehmens betrug mehrere Hunderttausend Dollar. Alles lief hervorragend. Jetzt habe ich keine Freunde mehr, etwa Hunderttausend Dollar Schulden und ein Kind, das krank geboren wurde. Ich habe niemals jemandem etwas Böses zugefügt, nach den Gesetzen der Bibel gelebt. Wo ist da die Gerechtigkeit?”

“Die Gesetze der Bibel sind Gesetze der Liebe, und Sie haben sie verletzt. Sie haben oft Menschen verachtet und ver­urteilt. Man darf Arme nicht verachten. Wenn man Geld an­betet, dann beginnt man diejenigen zu verachten, die kein Geld haben. Deshalb sagte Christus:,…eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher ins Reich Gottes ge­langt.” Der Reiche gerät eher in Versuchung, Geld zum Sinn des Lebens zu machen. Doch Christus hat auch gesagt:,Selig sind die, die geistig arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich.” Das heißt, wer geistig reich ist, erliegt eher der Versuchung,

Ethik zum Ziel und Sinn des Lebens zu machen. Man darf also nicht Menschen verachten, die finanziell und geistig arm sind, und das haben Sie getan.”

“Ja!”, nickte der Mann. “Ich habe immer Dummköpfe und Verräter verachtet.”

“Und Ihr Kind ist sogar bereit, diese zu töten. Seine Seele ist von Hass gegenüber der Welt erfüllt, deshalb ist es krank. Kultur schafft Zivilisation. Das heißt, Ethik schafft Geld, ma­terielle Werte. Sie machen Geld zum Ziel und verlieren es damit. Sie machen Ethik zum Ziel und verlieren sie ebenfalls. Ethik wird durch Moral geschaffen. Moral entsteht aus Liebe zu den Menschen. Und die Liebe, mit der wir die Menschen lieben, erhalten wir von Gott. Liebe zu Gott ruft Liebe zur Welt und zu den Menschen hervor, danach entsteht die Moral, dann die Ethik und schließlich das, was wir, Segnungen der Zivilisation’ nennen. Wenn Sie eine der Stufen, die zu Gott führen, zum Ziel machen, dann bricht Ihre Leiter zusammen.”

“Sagen Sie, was bedeutet praktisch Liebe zu Gott?”, fragte der Patient.

“Sie müssen verstehen: Alles hängt von Gott ab, doch Gott ist von nichts abhängig. Gott ist die Liebe. Stellen Sie sich vor, Sie lieben einen Menschen, und nichts kann Ihre Liebe beein­flussen ­weder Geld, familiäre und gesellschaftliche Umstände, mangelnde Begabung, Moral usw. Von etwas abhängig zu sein, das bedeutet nehmen und empfangen. In der Liebe ist die Hauptsache nicht zu nehmen, sondern zu geben. Wenn Sie wei­ter einen Menschen lieben, der Sie verraten und beleidigt hat, bedeutet das, dass Sie Gott in ihm lieben. Wenn Sie immer auf­richtig sind und unter keinen Umständen das Gefühl der Liebe in der Seele antasten, dann nähern Sie sich Gott.

Es gibt noch ein sehr wichtiges Moment: Je näher man Gott ist, desto gefährlicher ist es.”

Mein Gesprächspartner staunte.

“Wie ist denn das zu verstehen? Je vollkommener ein Bergsteiger ist, umso gefährlicher ist der Weg, den er geht? Wo ist da die Logik?”

“Je näher der Mensch Gott ist, desto mehr Glück erhält er”, erklärte ich. “Und umso stärker ist der Schmerz, wenn die­ses Glück verloren geht, d. h. bei der Vergrößerung der Liebe zu Gott soll man sich nicht auf Reichtum der Gefühle, Glück und Freuden, sondern auch auf große Leiden orientieren. Des­halb wurde in den Ikonen der Gottesmutter nicht nur das Glück der großen Liebe zu dem geborenen Kind, sondern auch das Leiden wegen seines künftigen Verlustes dargestellt. Mit ein­fachen Worten gesagt: Gott ist nicht nur Glück, sondern auch Leiden, d. h. Gott ist jenseits von Glück und Leiden.”

Im November 1995 sollte ich nach New York fliegen. Dort wollte ich mich nur mit Heilungen beschäftigen. Ich spürte, dass ich unbedingt ausspannen und die Situation, die sich zunehmend verschlechterte, ausbalancieren musste. Ich dachte, dass das zweite Buch vollkommen ausgeglichen ist. Wenn sich der Mensch vom Irdischen löst, wird er sich nun nicht auf das Geistige stürzen und es zum Ziel machen, son­dern zu Gott gehen. Ich wollte es mit dem zweiten Buch erst einmal bewenden lassen und für ein halbes, ein Jahr alle Psy­chologie vergessen. Doch nach dem zu urteilen, was sich ringsherum ereignete, war an eine Pause nicht zu denken. Ir­gendein wichtiges Thema war noch nicht abgeschlossen, es war irgendwie mit der Zeit verbunden, doch ich konnte nicht verstehen wie. Wie ich hoffte, würde mir völliges Abschalten helfen, dieses Thema zu sondieren. Vor der Abreise waren in meiner Sprechstunde noch zwei schwerkranke Patienten, denen ich zu helfen versuchte. Der erste war ein zehnjähriger Junge mit Blutkrebs; der zweite ein Mann, auch er hatte Krebs, im vierten Stadium. Die Ursache der Erkrankung war bei beiden Verabsolutierung von Ethik. Bei dem Jungen waren es Fähigkeiten und Intellekt. Diese Orientierung führte zu Hochmut und Verachtung gegenüber weniger begabten und klugen Menschen sowie zu Hass auf jene, von denen man ge­demütigt wird. So sehr ich mich auch bemühte, ihm und sei­nen Eltern zu helfen, diese Orientierung zu ändern, es kam zu keiner Besserung. Irgendetwas war hinderlich, doch trotz aller Versuche gelang es mir nicht, es aufzuspüren. Der Zustand des Jungen verschlechterte sich. Die Eltern arbeiteten gewis­senhaft an sich. Doch er rutschte immer tiefer in den Abgrund. Dasselbe war bei dem anderen Patienten der Fall. Ich erklärte ihm, dass die Ursache seiner Krankheit Eifersucht ist.

“Verstehen Sie, Eifersucht ist das gesteigerte Gefühl, Ei­gentümer zu sein. Die Familie ist ein irdisches Gut. Wenn ein Mensch wegen eines Grundstücks beginnt, neidisch zu wer­den, zu verachten und zu verurteilen, sich somit auf irdische Werte orientiert, dann wird er sich so auch in der Familie ver­halten. Doch die Familie ist nicht nur ein irdisches, sondern auch ein geistiges Gut. Geistiges Territorium darf ebenfalls nicht zum Ziel gemacht werden. Stellen Sie sich folgende Si­tuation vor. Ich habe ein Grundstück und verjage jeden, der sich auf ihm niederlassen will. Ich tue das, weil es mein Ei­gentum ist. Das ist normal. Nun stellen Sie sich vor, dass ich den Menschen hasse, der mein Territorium betreten hat. Das ist schon nicht mehr normal. Und stellen Sie sich schließlich vor, dass ich bereit bin, jeden zu töten, der mein Grundstück betritt oder in dessen Nähe kommt. Das ist schon krankhaft. Wenn also das Grundstück für mich ein absoluter Wert ist, bin ich bereit, jeden wegen Eigentumsverletzung zu töten. Wenn aber das Grundstück für mich nur ein Mittel ist, kommt keine Aggression auf.”

Der krebskranke Mann sah mich an und versuchte zu ver­stehen, was ich ihm gesagt hatte. Er arbeitete an sich und betete, doch seine Orientierung auf die Frau und dementspre­chend die Aggression gegen sie verringerten sich nicht. Ich traf mich täglich mit ihm und versuchte fieberhaft, die Situa­tion zu verbessern, doch nichts half. Es gab etwas, das sich über der Ethik befand und die Orientierung auf die Frau stützte. Nachdem ich Hunderte verschiedene Varianten durch­gegangen war, komme ich zu dem Schluss: Die Liebe zum nächsten Menschen ist ein eigenständiger Wert in diesem Uni­versum. Und die Familie schließt alle Aspekte ein: Die Fami­lie als irdischen Wert. Die Familie als geistiges Territorium. Die Familie als Territorium der Liebe.

“Für Sie ist das Territorium der Liebe gegenwärtig ein absoluter Wert. Aber der geliebte Mensch und die Liebe zu ihm sowie die Liebe zur Familie und zu den Kindern sind nur Mittel für die Liebe zu Gott. Höchstes Ziel kann nur das sein, was unzerstörbar und ewig ist. Deshalb entsteht bei Ihnen un­vermeidlich Aggression.”

Wir verabschiedeten uns und vereinbarten, uns nach mei­ner Rückkehr wieder zu sehen.

Offensichtlich bin ich hiermit dem Wichtigsten, dem drit­ten Wertesystem, näher gekommen ­der Liebe zu den Men­schen und zur Welt. Ich glaube, dass die Menschen, die mein erstes und zweites Buch gelesen haben, sich bereits nicht mehr auf irdische und geistige Werte orientieren. Aber sie können sich auf die Liebe zu den Menschen orientieren. Das Gefühl der Liebe zu den Menschen hängt mit Zeitstrukturen zusammen. Wie gefährlich es ist, die Zeit, d. h. die Liebe zu den Menschen, zu verabsolutieren, wusste ich damals noch nicht. Die Erleuchtung kam mir in Amerika.

In Manhattan stehen die Zwillingstürme des World Trade Center, des von den Japanern errichteten riesigen Wolkenkrat­zers. Wenn man den Broadway hinuntergeht, der sich in hundert Meter Entfernung von den Türmen befindet, kann man linker Hand ein Gebäude mit einem Fassadengemälde, einer Skater­gruppe, sehen. In diesem Gebäude, im sechsten Stock, halte ich meine Sprechstunden ab. Nachdem ich begonnen hatte, meine Patienten tiefgehend zu diagnostizieren, begriff ich das Wesen der amerikanischen Psychologie. Ein Emigrant hat es folgendermaßen beschrieben: Die Amerikaner sind ein voll­kommen stupides Volk. Sie haben nur zwei, drei Ziele im Leben. Das Hauptziel ist Geld. Hier beten alle das Geld an. Das zweite Ziel ­das ist Sex, zu essen und zu trinken. Alles andere istjedem Amerikaner völlig egal.

“Empfinden Sie es nicht als seltsam, dass ein Volk mit solchen Interessen herrlich und in Freuden lebt?”

Er zuckte mit den Schultern.

“Es ist doch eine Sünde, Geld zum Ziel zu machen”, sagte ich. “Ist es nicht so?”

“Selbstverständlich”, antwortete er, “doch ich mache Geld nicht zum Ziel.”

“Natürlich”, sagte ich. “Aber verstehen Sie, wenn für mich Geld der absolute Wert ist, dann steht es über allem. Das heißt, es steht über der Liebe zu Gott, über dem menschlichen Leben. Daher werde ich schließlich auch bereit sein, wegen Geld zwei, drei Menschen zu töten. Ich werde bereit sein, jeden zu töten, der sich an meinem Geld vergreift. Denn das Ziel darf nicht erschüttert werden, alles arbeitet darauf hin. Und nun stellen Sie sich vor: Ich mache Ethik zum Ziel. Das heißt, das moralische und gerechte Paradies, das ich mir ge­schaffen habe, soll ewig sein. Idee, Moral und Gesetze, die auf dieser Grundlage geschaffen wurden, sind höchste Werte, stehen über der Liebe zu Gott, der Liebe zu den Menschen und dem menschlichen Leben. Dann werde ich bereit sein, nicht nur einen, zwei, drei, sondern Millionen Menschen zu töten. Was ja auch unter der Macht des Sozialismus und Faschismus geschah, als wegen einer Idee Mord und Totschlag im Lande herrschten. Das heißt, Ethik ist ein weitaus höheres Glück, aber auch ein Unglück, wenn sie zum Selbstzweck wird. Viele denken, dass das allerhöchste Glück die Liebe zu den Menschen und zur Welt ist. Doch wenn ich die ganze Menschheit liebe und sie meinen Hoffnungen nicht gerecht wird, dann bin ich bereit, die ganze Menschheit zu töten. Das heißt, wer die Liebe zu den Menschen zum absoluten Wert macht, der steuert auf die Apokalypse zu.”

Betrachten wir nun einmal aus dieser Sicht Amerika. Hier werden Menschen geboren und hierher kommen Menschen, deren Seelen bereit sind, geistige Werte und Liebe zu den nächsten Verwandten zum absoluten Ziel zu machen. Es kom­men also Menschen hierher, die reich an Ethik und an Liebe sind. Um die Seele vor gewaltiger Aggression zu retten, hilft nur, wenn es an Liebe zu und Glaube an Gott mangelt, sich von der Liebe zu den Menschen und von geistigen Werten los­zusagen. Deshalb wird damit begonnen, alles auf Geld und Gewinn aufzubauen. Die Menschen haben keinen Kontakt mehr zueinander, weil durch Umgang und Kontakte Ethik ent­wickelt wird. Geld wird wichtiger als Liebe zum anderen Menschen. Und das ist paradoxerweise aus höchster Sicht ge­rechtfertigt. Es gibt jedoch ein kleines “Aber”. Man kann sich von der Liebe zu den Menschen und von Ethik lossagen, wenn vom geistigen Reichtum viel vorhanden ist. Allein an Geld und irdisches Glück kann nur der denken, der einen gro­ßen Vorrat an Liebe und geistigen Werten hat. Darunter ver­steht man “aus drei Übeln das geringste auswählen”. Doch gegenwärtig geht diese Zeit zu Ende. Früher wurden geistige Werte im Osten angehäuft und im Westen realisiert. Wenn frü­her die Vorräte an Liebe dem Menschen für mehr als ein Leben reichten, so kann man sie heute in wenigen Jahren ver­brauchen. Hier in New York begegnen mir immer häufiger Patienten, die sich von Ethik und Liebe losgesagt und es voll­bracht haben, sich auf irdische Werte und Güter zu orientieren. Bei ihnen kommt es zu schweren Formen von Depression und dann zu physischen Erkrankungen. Sie fühlen unterbewusst, dass es gefährlich ist, Ethik und Liebe zu den Menschen zum Ziel zu machen. Sie beginnen, nur für irdische Werte zu leben, und es kommt erneut zu Problemen. Worauf sie sich auch ori­entieren, alles wird zerstört, und ein Gefühl der Ausweglosig­keit entsteht. Ich erkläre solchen Patienten, dass sie das Wertesystem richtig gestalten müssen, dass sie ohne Liebe zu Gott nicht überleben werden.

Ich sitze in einem kleinen Arbeitszimmer in New York und spreche mit der nächsten Patientin.

“In nächster Zeit können Sie von einem großen Unglück, einschließlich Krankheiten, heimgesucht werden”, sage ich ihr. “Sie haben gegenwärtig ein starkes Selbstvernichtungs­programm. Sie haben die Prüfungen nicht bestanden und die Reinigung, die Gott Ihnen gewährt hat, nicht akzeptiert.”

“Wissen Sie”, erzählt die Frau, “ich habe niemals im Leben ein starkes Gefühl von Liebe für jemanden gehabt. Vor einigen Monaten hat mich eine Bekannte nach New York ein­geladen, bei der ich dann als Haushalthilfe gearbeitet habe. Und vor kurzem hat mich ein starkes Liebesgefühl überkom­men. Ich habe einen Mann wahnsinnig geliebt und war richtig glücklich. Doch dann nahm das Schicksal einen absurden Ver­lauf. Meine Bekannte setzte mich von heute auf morgen und völlig mittellos auf die Straße. Außerdem rief sie in Russland meine Mutter an und sagte, dass ich Krebs habe und bald ster­ben werde.

Und in dieser Zeit”, sagt die Patientin unter Tränen, “hat mich auch der geliebte Mann verraten. Er hat mir nicht ge­holfen, sondern mich in Stich gelassen. Wie soll ich das alles ertragen?”

“Wenn es auch seltsam scheint, doch der Urheber aller Er­eignisse sind Sie selbst”, teile ich der Frau mit. “Genauer ge­sagt, Ihre falsche Weltauffassung. Liebe zum geliebten Menschen ­das sind die Wände, und Liebe zu Gott ­das ist das Fundament, auf dem alles ruht. Sie verfügten nicht über starke Wände, deshalb wurden Sie unter ihnen begraben. Ihr Fundament ist zu schwach. In Amerika ist die Orientierung auf Liebe zu den Menschen geringer, deshalb konnten Sie hier die­ses Gefühl erleben, ohne dabei umzukommen. Doch ein Teil der Wände ist dennoch eingestürzt. Wenn Sie diese Welt mehr als Gott lieben, muss die Welt, damit Sie zu Gott zurückkehren, zu Ihnen brutal und ungerecht sein. Wenn Sie Liebe bewahren, ohne gegen andere und sich aggressiv zu sein, dann verstärkt sich der Kontakt zu Gott und dann erfolgt die Reinigung. Liebe zu einem anderen Menschen wurde derart zu Ihrem Ziel, dass sich der Kontakt zu Gott sehr stark verringert hat, und das be­drohte Ihre Seele. Ihr Leben konnte nur gerettet werden, indem Ihre große Liebe abrupt beendet wurde und die Umwelt brutal mit Ihnen umging. Ihre Mutter erhielt den verletzenden Anruf, weil sie an Sie das Verlangen weitergegeben hat, den geliebten Menschen zum höchsten Ziel und Glück zu machen. Das, was Sie als Katastrophe und Unglück empfinden, war in Wirklich­keit eine Totaloperation, um Ihre Seele und Sie zu retten. Manchmal begegnen sich im Leben Menschen, empfinden für­einander große Liebe und sterben oder erkranken daran; oder sie kränken einander und trennen sich, wonach sie erkranken und sterben. Die ganze Zeit über entsteht die Seele ihres Kin­des in ihren Feldstrukturen. In der Seele sind der ewige göttli­che Funke und äußere Hüllen enthalten, die von der Liebe der Eltern im Verlauf einiger Leben gestaltet werden. Damit die Seele sich richtig entwickeln kann, müssen die Eltern von Zeit zu Zeit alle Werte verlieren, um die Seelen ihrer Kinder durch die Liebe zu Gott zu reinigen. Je größer die Liebe zu anderen Menschen ist, umso vollkommener kann das Kind sein und umso schmerzhafter werden gleichzeitig die Destabilisierung und der zeitweise Verlust dieser Liebe sein. Doch das ist uner­lässlich, damit die Liebe zum geliebten Menschen nicht mit der Liebe zu Gott verwächst. In Augenblicken des Verlusts und von Leiden ist das Gebet, in dem der Mensch Gott bittet, dass ihm die Liebe zu Gott als höchstes Glück gegeben wird, be­sonders effektiv.”

Vor kurzem bat mich eine Frau, ihr die Ursache des Todes ihrer Tochter zu erklären.

“Sagen Sie, worin besteht meine Schuld?”, fragte sie.

“Erstens, vor Gott gibt es keine Schuldigen. Und zweitens ­das Programm, woran sie starb, kam nicht von Ihnen. Das war ihr persönliches Karma. Ihre Tochter starb nicht, weil sie etwas getan hat, sie starb, damit sie nicht bestimmte Handlun­gen begeht, die ihrer Seele schaden könnten. Ihr Tod schützte ihre Seele. Nach einiger Zeit hätte sie einen anderen Menschen lieben können, doch ihre falsche Weltauffassung hätte alles durchkreuzt. Ein halbes Jahr zuvor wurde sie einer Prüfung unterzogen, indem ihr Gefühl der Liebe und des Vertrauens gedemütigt wurde, doch sie hat sie nicht bestanden. Die große Liebe, die dem Mädchen zugedacht war, hätte ihre Seele nicht entwickelt, sondern verkrüppelt. Deshalb wurde Ihrer Tochter dieses Gefühl nicht gestattet und ihr das Leben genommen.”

Eine interessante Episode hat mir erneut deutlich ge­macht, wie Krebs durch Liebe zu Gott, wenn sie zum Ziel wird, geheilt wird, jedoch auftritt, wenn Liebe zum Menschen zum Ziel wird.

“Wissen Sie”, erzählt mir einer meiner Patienten, “ich selbst lebe in Florida, meine Tochter in New York. Vor einigen Monaten traten bei ihr subkostale Beschwerden im linken Körperbereich auf. Sie ging zu einem Facharzt und ließ eine Röntgenaufnahme machen. Ein mehr als faustgroßes Krebs­geschwür in der Bauchspeicheldrüse wurde diagnostiziert. Meiner Tochter wurden Operation und Chemotherapie vorge­schlagen. Es blieben noch zwei Wochen bis zum Beginn der Behandlung. Sie hat ihr erstes Buch gelesen. Dann hat sie jeden Tag gebetet und fast nichts gegessen. Nach zwei Wo­chen wurde erneut eine Röntgenaufnahme gemacht ­darauf war kein Geschwür mehr zu sehen. Die Ärzte waren verblüfft, konnten sich das nicht erklären und meinten, die Aufnahmen seien vertauscht worden.”

“Ich werde Ihnen erklären, was geschehen ist”, sage ich dem Vater der jungen Frau. “Erstens ist es sehr gut, dass sie nicht zu mir in die Sprechstunde gekommen ist. Sie hätte ihre Hoffnungen allein auf mich gesetzt, und das hätte sie daran gehindert, an sich zu arbeiten. Zweitens, die Bauchspeichel­drüse hat mit Umgang und dem geliebten Menschen zu tun. Bauchspeicheldrüsenentzündung, Diabetes, Krebs der Bauch­speicheldrüse ­das ist ein Zeichen dafür, dass der geliebte Mensch und die Liebe zu ihm zum absoluten Wert geworden sind. Aufgrund des falschen Wertesystems hat bei Ihrer Toch­ter die unterbewusste Aggression enorm zugenommen, und dementsprechend hat sich ein Geschwür gebildet. Drittens, sie hat erkannt, dass sie sterben kann, und daher hat sie alles das aufgegeben, was bisher das höchste Glück war. Als sie begann, zu Gott zu beten, hat sie intuitiv gespürt, dass für sie die Liebe zu Gott das höchste Glück und der Sinn des Lebens ist. Mit der Aggression verschwand auch das Geschwür. Wenn ich mit Patienten spreche, wiederhole ich oft, dass weder Arzt noch Heiler heilen, sondern nur helfen, gesund zu werden. Der Mensch gesundet dank seines willensstarken Strebens, das ihn durch die Liebe Gott näher bringt.”

Vor einigen Tagen kam es zu einer interessanten Situa­tion, an der ich ungewollt beteiligt war. Eine Bekannte rief aus Rom an und erzählte, dass ein geliebter Mensch sie be­sucht hat und sich plötzlich sehr schlecht zu fühlen begann.

“Sein Zustand verschlechtert sich bedrohlich schnell”, sagte sie. “Was ist die Ursache?”

“Die Ursache ist sehr einfach”, erklärte ich. “Er ist zu stark in Sie verliebt.”

“Kann das etwa zu seinem Tod führen?”, fragte sie.

“Und ob”, antwortete ich. “Je stärker die Orientierung, umso stärker die Aggression. Sie kann Sie töten, deshalb schlägt sie um und beginnt, ihn zu töten.”

“Was sollen wir tun?”

“Erstens, sie beide müssen beten. Zweitens, weniger Liebe und sexuelle Kontakte, und wenn schon, dann mit Prä­servativ. Das verringert die Sinnlichkeit und Orientierung auf Liebe zum anderen Menschen. Übrigens, das Ritual der Be­schneidung hängt damit zusammen. In meiner Sprechstunde war einmal ein junges Paar”, erzählte ich ihr. “Die Frau litt ständig unter Soor, den sie nicht kurieren konnte. Bei ihrem Mann kam es beim Geschlechtsakt sofort zu Koliken im Harnkanal und in der Harnblase.

,Sie müssen nicht nur vor dem Essen, sondern auch vor sexuellem Kontakt beten’, erklärte ich ihr.,Beseitigen Sie die gegenseitigen Vorwürfe. Ihr Geliebter muss in sich gehen und die Vorwürfe, die er allen Frauen macht, beseitigen.” Er über­nahm dann den Hörer und ich erklärte ihm, dass der höchste Wert nicht der geliebte Mensch, sondern die Liebe zu Gott ist. Ich spürte, dass mein Gesprächspartner innerlich schockiert war. Sein Zustand war sehr ernst, in seinem Feld war die Hie­roglyphe des Todes.

,Nutzen Sie Ihre Chance, beten Sie’, sagte ich und legte den Hörer auf.”

Am nächsten Tag rief die Bekannte erneut an.

“Wissen Sie, ihm geht es noch schlechter”, sagte sie er­schrocken. “Ich bin gerade nach Hause gekommen, er lag vier Stunden bewusstlos da. Ich befürchte, dass er stirbt. Ins Kran­kenhaus kann er hier nicht eingeliefert werden, doch ich muss dringend für einige Tage nach Deutschland reisen. Ich habe Angst abzureisen.”

“Erstens hat sich die Lage verbessert”, erklärte ich ihr.

“In der Feldsstruktur Ihres Geliebten ist nicht mehr der Tod. Zweitens, je mehr Angst Sie um ihn haben, desto größeren Schaden fügen Sie ihm zu und umso mehr hindern Sie ihn zu überleben. Vertrauen Sie auf Gott, er wird dasselbe tun und überleben. Befürchten Sie nichts, reisen Sie nach Deutsch­land. Ihre Abreise wird ihm gut tun. Und sollte es ihm be­schieden sein zu sterben, dann wird ihn niemand retten, auch ich nicht.”

“Könnten Sie das vorausschauen?”, fragte sie traurig.

“Ich habe nicht das Recht vorauszuschauen”, antwortete ich. “Geben Sie ihm den Hörer, ich rede mit ihm.”

Während sie den Hörer übergab, suchte ich verzweifelt einen Ausweg. Um die Welt zu erkennen und neue Erkennt­nisstufen zu erschließen, muss ich mich vervollkommnen. Von Zeit zu Zeit tritt bei mir allerdings karmischer “Unrat” zutage, durch dessen Überwindung ich beschwerlich und mü­hevoll zu neuen Verallgemeinerungen komme.

Dieser Mann befand sich gegenwärtig an der Schwelle des Todes, und ich war für ihn die einzige Möglichkeit zu überleben. Er klammerte sich an mich, machte mich zum Ziel, übernahm damit meinen karmischen “Unrat” und vermehrte ihn dabei noch. Ich musste ihm genaue Informationen geben und ihn gleichzeitig von mir wegstoßen. Denn die Orientie­rung auf mich konnte ihm das Leben kosten. Als er den Hörer ergriff, hatte ich die richtige Lösung gefunden.

“Hören Sie mir aufmerksam zu”, sagte ich. “Sie liegen ge­genwärtig im Sterben, weil für Sie die Hauptwerte das sind, was Sie um sich herum sehen. Der Tod nimmt alle Werte, und wir gehen dann geläutert zu Gott. Das heißt, wenn Sie das tun, was beim Tod geschieht, dann macht es keinen Sinn, dass Sie ster­ben. Lösen Sie sich von allem, woran Sie hängen, verabschieden Sie sich davon in Gedanken, denn Sie brauchen es je nicht mehr. Wenn Ihnen beschieden ist zu sterben, dann werden Sie sterben, und ich kann Ihnen nicht helfen. Ich habe Ihnen alles, was ich konnte, gegeben. Sie brauchen mich nun nicht mehr.”

Am nächsten Tag rief mich der junge Mann wieder an.

“Ich fühle mich normal, es ist kaum zu glauben”, be­kannte er mir.

Ich zuckte mit den Schultern.

“Sie haben angefangen, das Wertesystem richtig zu ord­nen, deshalb brauchen Sie nicht zu sterben. Denken Sie bitte immer daran”, sage ich. “Zwischen Ihnen und der geliebten Frau muss immer eine gewisse Distanz sein. Zuerst kommt die göttliche Liebe, dann die Liebe des Mannes für die Frau. Empfinden Sie, dass Sie sie wie die Schwester, die Tochter, die Mutter, die Vögel und Tiere, die Umwelt, die von Gott ge­schaffene Welt lieben. Die allererste Emotion muss sein: Sie lieben in ihr Gott und erst dann alles, was ich Ihnen genannt habe. Wenn dann einmal die Liebe vergeht, ein Mensch stirbt, Sie im Stich lässt, verrät, beleidigt oder betrügt, bleibt Ihr in­neres Gefühl der Liebe davon unberührt.

Ich weise Sie nochmals darauf hin: Orientieren Sie sich nicht auf mich.”

“Ja, ich habe das verstanden”, atmete er erleichtert auf.

“Nun, Gott sei gelobt.” Damit verabschiedeten wir uns.

Die Liebe zu den Menschen ist ein sehr großer Wert, sie bringt Fähigkeiten und Talente hervor. Und wenn der Mensch beginnt, seine Fähigkeiten und sein Talent zu realisieren, dann lässt er sich immer von der innerlichen Stimme der Liebe zu den Menschen leiten, doch hinter dieser Stimme muss immer unhörbar und machtvoll eins stehen ­die Liebe zu Gott. Wenn diese nicht vorhanden ist, wird es dem Menschen nicht ge­stattet, sein Talent zu entfalten, damit er seine Verehrer nicht betrügen und verleiten kann. Ich habe begriffen, worin die Anziehung der Stimme Edith Piafs besteht, als ich die Ge­schichte ihrer Kindheit erfuhr. Im Alter von sieben, acht Jah­ren war sie blind, und die Ursache ihrer Blindheit war, wie ich gesehen hatte, ihre Liebe zu den Menschen und zur Welt gewesen. Wenn man die Welt mehr als Gott liebt, dann be­ginnt man, das Sehvermögen zu verlieren, um sich weniger auf sie zu orientieren. Viele verlieren mit zunehmendem Alter das Sehvermögen, weil sie sich allzu sehr an die Welt binden. Und als die Frauen in der Stadt, in der das Mädchen lebte, zu Gott beteten und ein Wunder erwarteten, hat ihr großes ge­meinsames Bemühen die Seele des Mädchens geheilt, deshalb erlangte es sein Augenlicht wieder. Gerade die Überwindung aller Wertesysteme beim Streben zu Gott gestattet uns, die Umwelt zu fühlen und zu würdigen.

Der junge Mann in meiner Sprechstunde erzählte lange von seinen Problemen.

“Ich bin schon überall gewesen ­sowohl bei Wunderhei­lerinnen als auch Sensitiven. Im besten Fall trat eine Erleich­terung für eine gewisse Zeit ein, doch die Behexung konnte niemand entfernen.”

“Auf Ihnen ruht kein Zauber”, erklärte ich ihm. “Sie haben eine starke unterbewusste Aggression gegenüber Frauen. Mit einfachen Worten gesagt, Sie sind unglaublich eifersüchtig. Ihre Seele ist allzu sehr auf Familie, den geliebten Menschen und den Wunsch orientiert, Kinder von der geliebten Frau zu haben.

Wenn Sie das verlieren, entsteht bei Ihnen Aggression. Revi­dieren Sie Ihr Leben, ändern Sie Ihre Haltung zu den Menschen und Ihren Charakter.”

Einen Monat später saß er erneut bei mir in der Sprech­stunde.

“Ich bin begeistert”, erzählte er. “Mein Zustand hat sich bedeutend gebessert. Ich spüre, dass ich bereits nicht mehr auf Beziehungen orientiert bin. Ich stelle mir vor, dass man sich mit mir gestritten und mich verraten hat, doch ich bekunde keine Aggression, die Liebe in der Seele bleibt erhalten.”

“Ja, auf Liebe zum nahe stehenden Menschen, d. h. auf Ethik, sind Sie nicht mehr orientiert. Doch Ihre Seele ist allzu stark an die Liebe zu den Menschen gebunden.”

“Ich dachte immer, dass das gut ist”, wunderte er sich.

“Liebe zu den Menschen ist ein großes Glück und großer Reichtum. Doch wenn wir sie über Gott stellen, verwandelt sie sich in Unglück. Liebe zu den Menschen darf nicht Selbst­zweck sein, sie ist nur ein Mittel für die Liebe zu Gott. Wenn der Mensch Geld zum Ziel macht, dann werden seine Kinder als Bettler geboren, um ihre Seele zu reinigen. Entweder gibt ihnen Gott kein Geld oder sie verzichten selbst darauf, um zu überleben. Wenn die Eltern Ethik zum Ziel machen, werden die Kinder ohne Ethik geboren oder sagen sich selbst von Ethik los, wollen Intellekt, Fähigkeiten und Moral nicht ent­wickeln. Wenn der Mensch die Liebe zu den Menschen zum Ziel macht und diejenigen verachtet und verurteilt, die deren Vertrauen enttäuscht haben, dann entzieht Gott seinen Kin­dern die Liebe zu den Menschen ­das sind dann jene, in deren Seelen sich der Teufel eingenistet hat. Oder sie entsagen selbst der Liebe zu den Menschen und werden Schurken und Ge­walttäter. Sie sind weder auf das Irdische noch das Göttliche orientiert. Sie haben alle eine Orientierung auf die Liebe zu den Menschen.”

Einen Monat später kam der junge Mann wieder.

“Bei mir ist alles normal, doch es kam ein Gefühl von Vampirismus gegenüber Frauen auf. Ist das der Fall?”

“Ja, so ist es!”, antwortete ich. “Für Sie bleibt die geliebte Frau weiter Ziel und nicht Mittel. Wir leben auf Kosten des Ziels und entziehen ihm Kraft. Wenn wir Gott zum Ziel ma­chen, dann nehmen wir Kraft und Liebe von ihm, und das ist wirklich zum Guten. Doch wenn wir den geliebten Menschen zum Ziel machen, dann entnehmen wir ihm Kraft und Liebe, und das ist Raub. Somit rauben Mütter, die ihre Kinder über alles lieben, ihnen unbewusst Gesundheit und Glück.”

“Soll das heißen, es ist Sünde, einen anderen Menschen zu lieben?”

“Das kommt auf das Verhältnis von der Liebe zum Men­schen und der Liebe zu Gott an. Das Universum entstand als Lostrennung und Absonderung von Gott. Und je größer die Abson-derung, umso stärker muss die Liebe zu Gott, das Ver­langen nach Wiedervereinigung mit ihm sein. Worin besteht der Mythos von Adam und Eva? Einerseits erzeugt die Liebe von Mann und Frau Nachkommen, andererseits ist diese Liebe gleichsam Sünde. Die Sünde dieser Liebe besteht darin, dass sie die Liebe zu Gott übersteigen kann. Wenn wir etwas in diesem Universum und allem, was existiert, zum Ziel ma­chen, dann übersteigt unsere Liebe hierfür die Liebe zu Gott. Wenn jedes Glück, das wir erleben, und alles Existierende Mittel für die Liebe zu Gott sind, dann wird die Liebe zu Gott, wie sehr wir auch immer die Umwelt lieben, immer stärker sein, und anstelle von Zerstörung findet Entwicklung statt.”

In der Sprechstunde fragte mich einmal ein Mann: “Wenn ich versuche, zu Gott zu beten, bekomme ich im rechten Stirn­bereich Kopfschmerzen, die praktisch das Denken überlagern. Können Sie mir sagen, womit das zusammenhängt?”

“In Ihrer Seele gibt es noch viel Verachtung gegenüber unvollkommenen Menschen und Vorwürfe gegen die Um­welt. Wenn man übel nimmt und verurteilt, darf man nicht vor eine Ikone treten. Ein Gebet zu Gott kommt nicht zustande, wenn Sie voller Verachtung und Kränkung sind. Beginnen Sie mit Reue.”

Er nickte, und ich erinnerte mich an einen interessanten Fall, von dem mir eine Bekannte erzählt hatte. Sie begann zu beten und wiederholte immer wieder:

“Herr, ich liebe dich mehr als alles in der Welt.”

Und jedes Mal durchbohrten sie heftige Kopfschmerzen.

Das geschah zwei Monate lang. Einmal betete sie:

“Herr, ich liebe dich trotz alledem über alles auf der Welt, doch lass es nicht so wehtun.”

Die Schmerzen verschwanden und traten nie mehr auf.

Im Oktober, vor meinem Abflug nach New York, hatte ich zwei schwierige Patienten, ich habe das bereits erwähnt. Der sehr begabte und wohlerzogene Junge hatte Blutkrebs. Die Ur­sache war Orientierung auf Fähigkeiten und Ethik. Der zweite Patient hatte Krebs im letzten Stadium. Bei dem Versuch, ge­rade ihnen zu helfen, fand ich heraus, was die Orientierung auf Ethik beförderte ­das Verlangen, die Liebe zu den Menschen und zur Welt zum Selbstzweck zu machen. Ich war überzeugt, dass jetzt alles gut enden würde, doch ich irrte mich. Nach mei­nem Abflug verschlechterte sich der Zustand des Mannes. Seine von der Pflege erschöpfte Frau rief mich täglich in New York an, doch nichts half. Er lag im Sterben, und eine Woche später war er tot. Damals stellt ich mir die Frage: Wenn er nicht auf die drei grundsätzlichen Wertesysteme auf der Erde orien­tiert war, warum ist er dann gestorben?

Nun gut, er konnte den Kindern sehr viel geistigen “Unrat”, den er nicht beseitigen konnte, übergeben haben.

Oder er hat in diesem Leben ein Vergehen begangen, für das er sofort zahlen musste. Oder er hat mir nicht vollkommen geglaubt, die Trägheit seines Charakters war allzu groß und er konnte seine Seele nicht überzeugen, dass die Liebe zu Gott das höchste Glück im Leben ist. Vielleicht war ihm vorbe­stimmt, in ein bis zwei Jahren irgendwo geboren zu werden, und sein Abschied von der Erde war fest programmiert. Alles das konnte der Fall gewesen sein, doch ich spürte, dass noch etwas die Krankheit genährt hatte. Die Eifersucht hatte er nicht vollständig beseitigen können, doch dann muss man über Strukturen hinausgehen, die sich über der Zeit befinden… Diese Strukturen schaffen die Zeit als solche. Auch sie können Wertesysteme sein, auf die man sich orientieren kann, indem man sie zum Ziel und Sinn des Lebens macht. Ich hatte aber keine Vorstellung, was man tun musste, um aus Zeit, Raum und Materie hinauszugelangen. Allerdings hatte ich in letzter Zeit eine Struktur gespürt, die der Zeit gegenüberstand, und von Zeit zu Zeit waren Programme, Orientierungen auf sie bei mir aufgetaucht. Ich saß da und versuchte, diese Struktu­ren zu klassifizieren. Ich zeichnete einen Kreis für die irdi­schen Werte ­die Materie. Rechts einen zweiten Kreis für die geistigen Werte ­der Raum. Der Raum erzeugt die Materie, gleichzeitig gehen sie ineinander über.

Wenn sich die Struktur des Raums ändert, ändert sich die Struktur der Materie. Große Massen Materie ändern die Struk­tur des Raums. Ich zeichnete unter ihnen einen dritten Kreis ­das ist die Zeit, d. h. die Liebe zu den Menschen und zur Umwelt. Diese Liebe erzeugt die geistigen und physischen Werte. Und vor kurzem habe ich dann über der Zeit einen vierten Kreis gezeichnet.

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